Oktober 2020 | Das “green” im Vogemann Green Ship Token kommt nicht von ungefähr: Das digitale Wertpapier investiert in nachhaltige Schiffe. In unserer Reihe “Umweltschutz in der Schifffahrt” klären wir darüber auf, welche Schadstoffe überhaupt entstehen und was Vogemann für eine grünere Schifffahrt tut. Unser heutiges Thema: Schwefeloxid-Emissionen.
Der Großteil der Schiffe auf den Weltmeeren wird mit Schweröl betrieben. Dabei handelt es sich um ein Abfallprodukt, das bei der Verarbeitung von Rohöl in Raffinerien übrig bleibt. Es ist vergleichsweise billig – aber auch ziemlich giftig. Enthalten sind unter anderem Schwermetalle, Stickoxide und Schwefel.
Allein in der Nordseeregion stammen 20 bis 30 Prozent der Schwefel- und Stickoxide aus der Schifffahrt. Global hat die Schifffahrt einen Anteil von 8 Prozent an den globalen Schwefeloxid-Emissionen.
Genau diesen geht es nun an den Kragen:
Seit dem 1. Januar 2020 darf der Schwefelgehalt von Schiffskraftstoffen weltweit nicht mehr 3,5 %, sondern nur noch höchstens 0,5 % betragen – im Interesse einer sauberen Luft und eines besseren Umwelt- und Gesundheitsschutzes. Denn Schwefeloxid-Emissionen (SOx) aus Verbrennungsmotoren von Schiffen führen zu saurem Regen und Feinstaub, was Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern und die Lebenserwartung verringern kann.
Darüber hinaus gibt es Regionen mit noch strengeren Schwefelgrenzwerten. Solche „Emission Control Areas“ (ECA) bzw „SOx Emission Control Areas“ (SECA) existieren zum Beispiel in China, den USA und der Nord- und Ostsee, wo bereits 2015 der Grenzwert auf 0,1% gesenkt wurde.
Welche technischen Lösungen gibt es zur Umsetzung?
Reedereien haben grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die Einhaltung der Schwefelgrenzwerte sicherzustellen:
- Betrieb der Schiffe mit Schiffskraftstoffen, die einen entsprechend niedrigen Schwefelgehalt aufweisen
Und die gibt es – Low Sulfur Fuel Oil (LSFO) sind Schweröle, die entschwefelt wurden und einen Schwefelgehalt von weniger als 1% aufweisen. Bei Ultra Low Sulfur Fuel Oil (ULSFO) liegt der Schwefelanteil sogar unter 0,1%. Das können stark entschwefelte Schweröle sein, sind aus Kostengründe jedoch meistens das ohnehin schwefelarme Marine Gasöl, das ausschließlich aus Destillaten besteht.
- Einbau einer Entschwefelungsanlage (sogenannte „Abgaswaschanlagen“ bzw. „Scrubber“) an Bord des Schiffes.
Schiffe mit einer installierten Abgaswaschanlage dürfen weiterhin Treibstoff mit einem hohen Schwefelanteil von 3.5% verbrennen. Der Einbau eines solchen Scrubbers ist mit erheblichen Kosten in Millionenhöhe verbunden. Die Amortisation der Installationskosten soll durch niedrigere Treibstoffpreise für Bunker mit hohem Schwefelanteil erfolgen.
Hier werden zwei unterschiedliche Anlagen unterschieden:
Bei „Open Loop“ Anlagen werden die bei der Reinigung angesammelten Schwefelabwasser ins Meer entsorgt. Beim Betrieb von “Closed Loop“-Systemen werden die Schwefelabwasser anschließend an Land entsorgt. „Hybrid“-Anlagen können beide Systeme abbilden.
„Open Loop“-Anlagen sind deutlich günstiger als die „Closed Loop“-Systeme, bei denen die Schwefelabwasser anschließend an Land entsorgt werden, deshalb entsprechen auch die meisten der weltweit installierten Scrubber auch diesem Modell. Allerdings ist ihr Betrieb in vielen „ECA“ bzw. „SECA“ Gebieten aus Umweltschutzgründen nicht (mehr) erlaubt.
Wie geht Vogemann mit den Anforderungen um?
Vogemann hat sich aus mehreren Gründen grundsätzlich gegen die Installation von „Scrubbern“ entschieden und betreibt die eigene Flotte stattdessen mit schwefelarmen Kraftstoffen.
Hier zeigt sich wieder der ökologische Ansatz des Schifffahrtsunternehmens. Denn die Zweifel hinsichtlich der Umweltfreundlichkeit, insbesondere bei „Open Loop“-Systemen sind groß. Hinzu kommt die Tatsache, dass der Betrieb von„Open Loop“-Scrubbern mittlerweile in vielen Häfen und Regionen nicht mehr erlaubt ist. Das Besondere an den Handysize-Bulkern von Vogemann ist jedoch, dass sie aufgrund ihrer Größe und Ausstattung eben besonders flexibel im Einsatz sind und diverse Häfen anlaufen können, die größere Schiffe aufgrund von Restriktionen nicht anlaufen können.
Weitere Gründe, warum Vogemann auf schwefelarme Schiffstreibstoffe setzt:
Technologie:
Auf Schiffen installierte Abgasreinigungsanlagen sind technisch aufwendig und wartungsintensiv. Hinzu kommen Ausfallrisiken:
Während des Abgasreinigungsprozesses entsteht Schwefelsäure. Durch den Einsatz von Abgasreinigungsanlagen kann es zu Korrosionsschäden kommen, die im Extremfall zum Wassereinbruch mit der Flutung des Maschinenraums führen kann. Verschiedene Klassifikationsgesellschaften haben entsprechende Warnmeldungen herausgegeben, wie hier nachzulesen ist.
Ökonomie:
Die Rentabilität von Scrubbern hängt im Wesentlichen davon ab, dass Schiffstreibstoffe mit einem hohen Schwefelanteil dauerhaft verfügbar und deutlich billiger sind als Treibstoffe mit niedrigem Schwefelanteil innerhalb der Grenzwerte.
Eine Scrubberinstallation ist in diesem Sinne eine Wette auf niedrige(re) Preise von Treibstoff mit hohem Schwefelanteil. Im Jahresverlauf 2020 ist diese Wette allerdings bislang nicht aufgegangen:
Nachdem Ende 2019 „High Sulfur Fuel Oil“ (HSFO) noch rund 400 $/Tonne günstiger war als „Low Sulfur Fuel Oil“, ist der Preisvorteil aktuell (Stand 19. Mai 2020) z.B. in Rotterdam auf unter 50 $/Tonne gesunken. Bei dieser Preisdifferenz amortisiert sich eine „Closed Loop“ Abgasreinigungsanlage für einen Handysizebulker erst nach über 20 Jahren.
Operativer Einsatz:
Vogemann betreibt eine Flotte von Handysizebulkcarriern, die regelmäßig auch entlegene Häfen mit nur rudimentär entwickelter Infrastruktur anlaufen. In diesen Häfen ist die Treibstoffverfügbarkeit von „High Sulfur Fuel Oil“ (HSFO) häufig nicht gewährleistet, weshalb in diesen Häfen selbst Schiffe mit einem installierten Scrubber „Low Sulfur Fuel Oil“ bunkern müssen.
Sie möchten mehr zu den Umweltschutzmaßnahmen in der Schifffahrt erfahren und wissen, wie sich die Reederei Vogemann ihre Vorreiterposition im Green Shipping weiter ausbaut? Hier gelangen Sie zur Einleitung unserer Reihe. Die ersten Teile zum Thema CO2 und Treibhausgase lesen Sie hier.